2.1. Die Entwicklung der Schulen in Marcardsmoor

Bis zum 1. Oktober 1895 besuchten die schulpflichtigen Kinder von Marcardsmoor gastweise die Schule im Nachbarort Wiesedermeer. Es wurde für jedes Kind 3,00 RM Schulgeld erhoben, außerdem mußten die Eltern für den jährlichen Brenntorf sorgen.

Die Schülerzahl wuchs, inzwischen waren 23 Familien in der neuen Moorkolonie angesiedelt worden. Mari erwog, eine eigene Dorfschule zu bauen. Die Eltern, finanziell dazu nicht in der Lage, wandten sich an die Regierung. Die Kosten des Schulneubaus wurden von der Königlichen Regierung Aurich und von der Generalkommission Hannover zu gleichen Teilen übernommen. So konnte im Jahre 1894 mit dem Bau des Schulhauses einschließlich einer Lehrerwohnung begonnen werden. Bereits ein Jahr später hielt Lehrer Focken hier seinen ersten Unterricht.

In dem Schulraum wurde bis zur Fertigstellung der neuen Kirche 1907 auch der sonntägliche Gottesdienst abgehalten. Dem Superintendenten de Boer aus Reepsholt oblag sowohl die kirchliche Betreuung als auch die schulische Oberaufsicht. Als das Gotteshaus fertiggestellt war, richtete man in der Schule eine Post- und eine öffentliche Telefonstelle ein.

Die Schülerzahl war bis 1914 auf 87 Schüler gestiegen, der vorhandene Klassenraum reichte nicht mehr aus. Als Lehrer Dreyer 1917 die Schulleitung übernahm, mussten die Mittel- und Oberstufe (3. – 8. Schuljahr vormittags, das l. und 2. Schuljahr am Nachmittag unterrichtet werden. Sehr bald liefen nun die ersten Verhandlungen, im westlichen Teil des Dorfes eine zweite Schule zu bauen. Bevor aber mit dem Ausbau einer Baracke begonnen wurde, konnte auf Drängen des Schulvorstandes die zweite Lehrerstelle in der Schule I eingerichtet werden. Ein Antrag, die schon bestehende Schule um einen Klassenraum zu erweitern, wurde zunächst abgelehnt. Dafür aber konnte dann 1922 die Schule II aus der Taufe gehoben werden. Lehrer Meyer, der bislang die zweite Lehrerstelle innehatte, siedelte mit den Kindern in die vorläufig als Schule eingerichtete Baracke, später in den massiven einklassigen Schulneubau über.

Mit der Planung eines Erweiterungsbaus der Schule I ließ man sich viel Zeit. Immer wieder wurden neue Pläne vorgelegt, neue Vorschläge unterbreitet und wieder verworfen, bis 1931 endlich die zweite Klasse in Betrieb genommen werden konnte. Für den zweiten Lehrer stand oberhalb der Klassenräume eine Wohnung zur Verfügung. Zu Beginn des 2. Weltkrieges mussten beide Lehrkräfte sich der Wehrmacht stellen. Die Schule war verwaist und wurde von den Kollegen der Nachbarschulen notdürftig mit versorgt.

Nach dem verlorenen Krieg wurde die 2. Lehrerwohnung von der Besatzungsmacht besetzt, der Ems-Jade-Kanal war als Demarkationsgrenze eingerichtet. Wer über die Brücke wollte, musste seinen Pass vorzeigen. Später kehrten Flüchtlinge in die Wohnung des Schulhauses ein.

Nach mehrmaligem Lehrerwechsel trat im Jahre 1947 wieder Ruhe in der Schule I ein, Lehrer Backer übernahm die 1. Lehrerstelle und ein halbes Jahr später kam als 2. Lehrkraft die Lehrerin Lena Scharnhorst nach Marcardsmoor. Beide Lehrkräfte arbeiteten bis zur Pensionierung von Lehrer Backer 1966 gemeinsam hier im Dorfe.

Die Zeit vor und kurz nach der Währungsreform war schwer, es mangelte an allem: Tafeln, Hefte, Bücher und vieles mehr fehlten. Von Jahr zu Jahr aber wurden die Verhältnisse besser.

Die erste Lehrerwohnung, früher mit Stall und Diele zur landwirtschaftlichen Nutzung eingerichtet, konnte von Grund auf erneuert werden.

Die wachsende Schülerzahl und die Übernahme des 7. und 8. Schuljahres aus der Schule II hatten zur Folge, daß eine dritte Lehrkraft, Frl. Lore Bruhne, eingestellt wurde. Im festlichen Rahmen verabschiedete am 30.3.1966 Herr Schulrat Hupe Lehrer Backer in den Ruhestand. Er händigte ihm die Entlassungsurkunde aus und übertrug Frau Scharnhorst zunächst kommissarisch, 1967 urkundlich die Leitung der dreiklassigen Schule. Mit Wirkung vom 15.4.1967 übernahm Herr Lehrer Friedrich Kruse den Unterricht in den oberen Jahrgängen. Herr Lehrer Julius Elster, der in der Schule II die Schuljahre I bis 4 betreute, wurde mit einer Anzahl Stunden nach Schule I abgeordnet.

Frl. Bruhne ließ sich 1968 in die Nähe ihrer Heimat nach Holzminden versetzen. Die dritte Lehrerstelle wurde mit dem Lehrer Friedrich Homann besetzt. Die Schule II musste nach der Versetzung des Lehrers Elster geschlossen werden, ein kleiner Schulbus brachte die Schüler zur Schule I. Als beide Lehrer Friedrich Kruse und Friedrich Homann ihre 2. Lehrerprüfung mit gutem Erfolg bestanden hatten, verließen sie unsere kleine Dorfschule, um an größeren Schulsystemen tätig zu sein.

Höhepunkte im alltäglichen Schulleben waren die Schulausflüge, an denen auch die Eltern teilnahmen. Anfangs wurden sie mit geschmückten Pferdewagen unternommen, später brachten Omnibusse die Ausflügler an fernere Orte.

Die Landschulaufenthalte in verschiedenen Heimen und mehrtägige Radwanderfahrten waren für die oberen Jahrgänge eine willkommene, erlebnisreiche Abwechslung.

Jedes Jahr im Dezember wurde die große Weihnachtsfeier vorbereitet. Mit viel Mühe, aber auch mit großer Freude sorgten Schüler und Lehrkräfte für eine reibungslose, unterhaltsame Festfolge.

Im Zuge der Zentralisierung großer Schulsysteme wurde auch unsere Dorfschule ein Opfer dieser Politik. Im Jahre 1974 löste man die Schule hier auf, alle Kinder wurden mit Bussen in die Mittelpunktschule Wiesmoor gebracht.

Frau Scharnhorst, die 26 Jahre in Marcardsmoor tätig war und sicherlich bis zu ihrer Pensionierung hier geblieben wäre, wurde nach Wiesmoor – Süd versetzt. Nach 43 Jahren verabschiedete man sie 1988 in den Ruhestand.

Das Schulgebäude stand bis 1989 der Berufsschule zur Verfügung. Dem Wunsch der Marcardsmoorer, die Schule als Dorfgemeinschaftshaus einzurichten, wurde leider noch nicht entsprochen. Die Gründung einer Dorfgemeinschaft am 23.7.1989, die bereits ca. 100 Mitglieder umfasst, wird sich weiterhin um den Erhalt des Schulgebäudes als Dorfgemeinschaftshaus bemühen.

Lehrertafel der Volksschule Marcardsmoor I

l.Hermann Willms Focken01.10.1895    –    31.01.1898
2.Tamme Janssen Buss01.02.1898    –    31.12.1913
3.Friedrich Thalmann01.04.1913    –    21.07.1917
4.Albert Otte Albers01.07.1915    –    01.10.1917
5.August Dreyer01.10.1917    –    15.04.1930
6.Heinrich Behrends01.02.1920    –    31.03.1920
7.Heinrich Meyer01.04.1920    –    30.06.1924
8.Otto Ulrich15.04.1930    –    31.05.1930
9.Heinrich Seegers01.06.1930    –    30.04.1946
10.Hans Reese02.02.1931    –    01.04.1932
Il.Friedrich Heidmann01.04.1932    –    01.04.1941
12.Heye Broers01.05.1946    –    30.04.1947
13.Hans Oldenettel01.01.1947    –    25.03.1948
14.Meinhard Gerhard Backer01.08.1947    –    31.03.1966
15.Lena Scharnhorst01.04.1948    –    15.08.1974
16.Hans Tütken10.09.1951    –    31.10.1951
17.Lore Bruhne01.04.1963    –    01.08.1968
18.Julius Elster01.04.1966    –    01.08.1967
19.Friedrich Kruse15.04.1967    –    01.08.1970
20.Friedrich Homan26.08.1968    –    01.08.1971
21.Annelotte Schulze01.09.1971    –    01.12.1971
22.Renate Ohms01.12.1971    –    31.08.1972
23.Anton Reuß31.08.1972    –    01.08.1973
24.Hanna Hübner, Nadelarbeitslehrerin01.04.1956    –    01.04.1958
25.Elise Wattjes, Nadelarbeitslehrerin01.10.1933    –    01.07.1945
  01.04.1958    –    15.08.1974

Lehrerliste der einklassigen Schule II

Im Jahre 1922 begann Lehrer Meyer den Unterricht in der Schule II.

Ihm folgten:

                      Lehrer Schickedanz

      1931       Lehrer Henning

                      Lehrer Raveling

                      Lehrer Lattex

      1934       Lehrer Eden

      1937       Lehrer Möller

      1937       Lehrer Kruse

Während des Krieges 1939 bis 1945 wurde der Unterricht vertretungsweise von Lehrkräften aus den Nachbarschulen übernommen.

      1945       Lehrer Oldenettel

      1946       Lehrer Isensee

      1947       Lehrer Kruse

      1952       Lehrer Diedrich

      1952       Lehrer Bruns

      1955       Lehrer Steinbrücker

      1956       Lehrer Hoffmann

      1956       Lehrer Rennert

      1963       Lehrer Elster

Den Handarbeitsunterricht von 1952 bis 1967 erteilte Frau Cirksena.

Nach dem Fortgang von Lehrer Elster 1967 musste die Schule geschlossen werden. Alle Schüler wurden mit einem Kleinbus zur Schule I gefahren.

Quelle: „100 Jahre Marcardsmoor“ Seite 45 bis 61